Kindesunterhalt

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Kindesunterhalt

Kindesunterhalt: Soweit ein Elternteil ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt es in der Regel durch die Erziehung und Pflege des Kindes seine Unterhaltspflicht in Form von Naturalunterhalt (Betreuungsunterhalt), der andere Elternteil schuldet dann Barunterhalt.

Gegenüber minderjährigen Kindern besteht eine sogenannte gesteigerte Unterhaltspflicht. Das heißt, der Barunterhaltspflichtige muss alles ihm Zumutbare tun, um den Unterhalt des Kindes sicherzustellen, unter Umständen im Rahmen des Zulässigen auch eine Nebentätigkeit ausüben und/oder sein Vermögen einsetzen. Ein arbeitsloser Unterhaltspflichtiger kann sich nur dann mit Erfolg auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen, wenn er nach Kräften einen Arbeitsplatz sucht; gefordert werden in der Regel 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat. Der Mindest-Kindesunterhalt für minderjährige Kinder ist nunmehr in § 1612a BGB geregelt.

Die Höhe des Barunterhaltes für Kinder berechnen die Gerichte in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle. Maßgebliche Faktoren sind dabei das anzurechnende Einkommen des Unterhaltspflichtigen und das Alter des Kindes. Einkommen sind grundsätzlich sämtliche Nettoeinkünfte. Hiervon werden abgezogen z. B. berufsbedingte Aufwendungen (pauschal 5 % oder Einzelnachweis) und berücksichtigungsfähige Schulden. Strittig sind Einkünfte, die durch eine neue Ehe erzielt werden (vgl. Splitting). Dem Unterhaltspflichtigen verbleibt ein sogenannter Selbstbehalt.

Düsseldorfer Tabelle

Die Düsseldorfer Unterhaltstabelle dient den Gerichten zur Orientierung bei der Berechnung des Unterhaltes. Die Düsseldorfer Tabelle ist lediglich eine Empfehlung und kein bindendes Gesetz; je nach den Umständen des Einzelfalles kann der tatsächliche Unterhalt von den Unterhaltssätzen der Tabelle abweichen. Die Unterhaltsbeträge werden in der Regel alle zwei Jahre angepasst. Letzte Anpassung erfolgte zum 1. Januar 2018 (außerhalb dieser Reihung zum 1. Januar 2008 mit einem neuen Unterhaltsrecht). Die Höhe der Unterhaltsansprüche beziehungsweise der Unterhaltspflichten hat sich in den einzelnen Altersstufen und Einkommensgruppen nach den Umständen des Falles erhöht oder verringert. Für die neuen Bundesländer galt bis zum 31. Dezember 2007 die ergänzende Berliner Tabelle; seit dem 1. Januar 2008 gilt für alle Bundesländer die Düsseldorfer Tabelle in Verbindung mit den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des zuständigen Oberlandesgerichtes (OLG).

Kindergeld und Kindesunterhalt

Das Kindergeld wird gemäß § 1612b BGB zur Hälfte bedarfsdeckend angerechnet, wenn ein Elternteil seinen Unterhalt durch Betreuung des Kindes erfüllt. Die volle Anrechnung des Kindergeldes erfolgt in allen anderen Fällen, § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB.

Grundlegend verschieden sind die Unterhaltspflichten gegenüber volljährigen Kindern und jene von Kindern gegenüber ihren Eltern beziehungsweise Enkeln gegenüber Großeltern. Volljährige Kinder haben grundsätzlich nur dann einen Unterhaltsanspruch, wenn sie sich in Ausbildung befinden oder aufgrund von Krankheit nicht in vollem Umfang dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, also nicht selbst für ihren Lebensunterhalt oder nicht vollständig aufkommen können. Hierbei wird zwischen sogenannten volljährigen privilegierten und nicht privilegierten Kindern unterschieden. Privilegiert sind diejenigen Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, noch im Haushalt mindestens eines Elternteils leben und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden. Diese Kinder sind den minderjährigen Kindern weitgehend gleichgestellt, was sich vor allem auf die Höhe des dem Unterhaltspflichtigen mindestens zu belassenden notwendigen Selbstbehaltes auswirkt.

Des Weiteren wird bei einem volljährigen Kind immer – egal, ob privilegiert oder nicht – das Kindergeld zunächst in voller Höhe von seinem Bedarf nach der Düsseldorfer Tabelle in Abzug gebracht. Auch stehen gegenüber volljährigen Kindern immer beide Elternteile in der unterhaltsrechtlichen Haftung, das heißt, auch derjenige Elternteil, bei dem das Kind gegebenenfalls noch lebt und der eventuell noch Betreuungsleistungen erbringt, ist im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu Barunterhalt verpflichtet.

Höhe des Unterhaltes

Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder

Minderjährige Kinder sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf durch eigenes Einkommen zu decken, sie sind daher immer unterhaltsberechtigt. Ausbildungsvergütungen minderjähriger Kinder werden nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben sowie eines Pauschalbetrages von 90 € für berufsbedingte Aufwendungen zur Hälfte auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Kinder, die bereits volljährig sind, aber noch im Haushalt eines Elternteils leben und die allgemeine Schulausbildung noch nicht abgeschlossen hat, die sogenannten privilegierten Kinder, sind minderjährigen Kindern gleichgestellt.

Das bereinigte Nettoeinkommen des Barunterhaltsverpflichteten und das Alter des Kindes bestimmt die Höhe des Barunterhaltsanspruchs. Für die Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens sehen die Unterhaltsleitlinien der einzelnen Oberlandesgerichte unterschiedliche Berechnungsmethoden vor. In der Regel geht man vom Nettoeinkommen des Barunterhaltsverpflichteten aus und zieht berufsbedingte Aufwendungen und berücksichtigungsfähige Schulden ab. Der unterhaltsrechtliche Begriff der „Berufsbedingten Aufwendungen“ entspricht nicht dem steuerrechtlichen Begriff der „Werbungskosten“. Nicht zum Nettoeinkommen gehört das Kindergeld. Hat der Unterhaltpflichtige erneut geheiratet, ist für die Berechnung des Kindesunterhalts die günstigere aktuelle Steuerklasse zu Grunde zu legen.

Die Einkommenshöhe des Elternteils, bei dem das Kind lebt, ist für die Festlegung der Höhe des Unterhaltsanspruchs nur dann relevant, wenn sie erheblich höher liegt, als das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils.

Volljährige Kinder

Volljährige Kinder haben in der Regel für sich selbst zu sorgen, es sei denn, sie sind dazu auf Grund laufender Schulausbildung oder Studiums nicht in der Lage.

Der Bedarf eines studierenden oder nicht mehr im Haushalt lebenden Kindes wird pauschal gemäß nebenstehender Tabelle angesetzt. Auf Grund der Unterhaltsleitlinien der zuständigen Oberlandesgerichte kann es hier jedoch auch zu abweichenden Beträgen kommen, so ist in Hessen dieser Betrag als Richtwert für Durchschnittsverdiener zu sehen. Kinder eines besser verdienenden Elternteiles haben daher möglicherweise einen Anspruch auf einen höheren Unterhaltsbetrag. Darin sind die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung und die Studiengebühren nicht enthalten, sie sind gegebenenfalls zusätzlich zu zahlen. Bei volljährigen Kindern, die im Haushalt eines Elternteils wohnen, wird das gesamte Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Das gilt auch dann, wenn das Kind das Kindergeld selbst bezieht.

Da bei volljährigen Kindern nach der Vorstellung des Gesetzgebers keine Erziehung und Pflege mehr erforderlich ist, sind beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet. Das für die Höhe des Unterhalts zu Grunde zu legende Einkommen ergibt sich dann aus der Addition der Einkommen beider Elternteile. Der angemessene Selbstbehalt ist für jeden Elternteil in der nebenstehenden Tabelle ausgewiesen.

Behinderte Kinder

Für eine Vielzahl von Maßnahmen für behinderte Kinder (aufgelistet in § 91 SGB VIII) können die Eltern zu Kostenbeiträgen herangezogen werden. Die Höhe wird in § 94 SGB VIII geregelt, die auf die Kostenbeitragsverordnung (KostenbeitragsV) verweist. Bis zu 25 % des bereinigten Nettoeinkommens sind von jedem Elternteil zu zahlen.

Ist ein Kind (1) volljährig und (2) behindert oder pflegebedürftig und (3) erhält Eingliederungshilfe für Behinderte oder (4) Hilfe zur Pflege oder (5) Hilfe zum Lebensunterhalt, so zahlen die Eltern unabhängig von ihrem Einkommen und Vermögen einen pauschalen Unterhaltsbetrag von bis zu 31,07 € im Monat in den Fällen (3) und (4) und von bis zu 23,90 € im Monat im Fall (5). Treffen die Fälle zusammen, so addieren sich die Beträge auf bis zu 54,97 €. Von der Zahlungsverpflichtung wird abgesehen, sobald das gemeinsame Einkommen der Eltern unter 1.900 € und ihr Vermögen unter 23.100 € liegt.

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist vorrangig vor einem etwaigen Unterhaltsanspruch, sodass behinderte Kinder, die einen Anspruch auf Grundsicherung haben, keinen Unterhalt von ihren Eltern verlangen können.

Geltendmachung des Anspruchs

Auskunftsansprüche

Um den Anspruch auf Kindesunterhalt in der richtigen Höhe geltend zu machen, muss man das unterhaltsrechtlich relevante Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten kennen. Der Unterhaltsverpflichtete ist insoweit gegenüber dem Kind bzw. dessen rechtlichen Vertreter zur Auskunft verpflichtet. Wird die Auskunft nicht erteilt, kann der Auskunftsanspruch gerichtlich geltend gemacht werden. In der Regel wird dann im Wege der auf Auskunft und den sich daraus ergebenden Unterhalt geklagt. Für die Klage wird in der Regel Prozesskostenhilfe gewährt bzw. besteht bei guten Einkommensverhältnissen des Barunterhaltsverpflichteten ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Barunterhaltsverpflichteten. Kindesunterhalt kann nur in sehr begrenztem Umfang rückwirkend geltend gemacht werden § 1613 BGB). Wegen der Einzelheiten empfiehlt sich die Beratung durch einen auf Familienrecht spezialisierten Anwalt oder kostenlos durch eine Beistandschaft beim örtlichen Jugendamt.

Kosten eines Gerichtsverfahrens

Der Streitwert einer Unterhaltsklage bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag des bisherigen und zukünftigen Unterhalts für ein Jahr. Ist jede Seite durch einen Rechtsanwalt vertreten und der Unterschied kleiner als 25 €/Monat, so betragen die Kosten üblicherweise 250 €. Bei einem Unterschied von 250 €/Monat liegen die Gesamtkosten bei etwa 1350 €.

Ausbleibende Unterhaltszahlungen

Unterhaltsvorschussleistungen der öffentlichen Hand

Soweit vom Unterhaltsverpflichteten kein Unterhalt zu bekommen ist, können Kinder und Jugendliche von der Unterhaltsvorschusskasse (angesiedelt bei Stadt- oder Kreis­verwaltung; meistens, aber nicht immer im Jugendamt) Unterhalt verlangen, solange sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Bezugshöchstdauer (Vollendung des 12. Lebensjahres oder das Erreichen von 72 Leistungsmonaten) ist zum 1. Juli 2017 mit einer gesetzlichen Neuregelung weggefallen.

Ansonsten muss Sozialgeld entweder vom Sozialamt oder vom lokalen Träger des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes in Anspruch genommen werden. In beiden Fällen gehen etwaige Unterhalts­ansprüche auf die öffentliche Kasse über, die den Unterhalt­verpflichteten in Anspruch nehmen kann. Der Anspruch geht nur über, wenn der Unterhalts­pflichtige leistungs­fähig ist und das Kind nicht – auch nicht teilweise, wie bei wechselseitiger Betreuung – in seinem Haushalt lebt.

Unterhalts­vorschuss­leistungen sind ausgeschlossen, wenn der betreuende Elternteil heiratet oder in einer Ehe lebt (ohne Trennungsabsicht) oder eine Lebenspartnerschaft eingeht. Auch Halbwaisen können Unterhaltsvorschussleistungen beziehen, soweit keine Rente oder noch keine Rente bewilligt ist.

Erhält das Kind dennoch geringe(n) Unterhalt/Halbwaisen­rente, so wird diese(r) auf die Unterhalts­vorschuss­leistungen angerechnet. Für die Gewährung von Unterhalts­vorschuss­leistungen ist es erforderlich, dass der Elternteil, bei dem das Kind lebt, zum Beispiel bei der Feststellung der Vaterschaft ausreichend mitwirkt. Falsche Angaben beispielsweise zur Vaterschaft können als Betrug zur Anzeige gebracht werden.

Strafbare Verletzung der Unterhaltspflicht

Anders als bei gewöhnlichen Schulden oder Verbindlichkeiten kann die Nichtzahlung des Kindesunterhaltes strafbar sein. Nach § 170 macht sich strafbar, wer sich einer „gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre“. Das bloße Nicht-Zahlen ist allerdings noch nicht strafbar, es muss auch ein Vorsatz (oder zumindest Eve) vorliegen, trotz vorhanderen Leistungsfähigkeit nicht zu zahlen. In der Praxis sind Verurteilungen zu Haftstrafen eher selten, oft wird das Verfahren gegen die Zahlung der Unterhaltsschulden eingestellt, oder auf eine kurze Bewährungsstrafe erkannt.

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Mit freundlicher Empfehlung

 

Ute Schniering

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht

 

Quelle des Textes Wikipedia

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